Gesprächsthemen des Meditationskreises:

24.9. + 29.10. + 26.11.02025: Geführte Meditation (MF/SM)

Am letzten Mittwoch im Monat wird die 2. Phase der Sitz-Meditation durch das Vorlesen kurzer Sätze ergänzt, die sich mit der Atmung verknüpfen lassen.

24.9. + 29.10. + 26.11.02025: Tee & Gespräch

Während wir ein vorbereitetes Getränk (z. B. Tee) trinken, sprechen wir über unsere Erfahrungen mit dem Leben und dem Meditieren.

An jedem 1. Mittwoch im Monat bieten wir nach der Sitz-Meditation eine Übung im Stehen, Liegen oder Sitzen an (ca. 30 Minuten):

          3.9.25          Qigong: Die 18 Übungen Taiji-Qigong

          1.10.25        Rumliegen. Sehr schön rumliegen. Und lächeln.

          5.11.25        Namo Valokiteshvaraya (Plum Village Lied)

          3.12.25        Drei Erdberührungen

10.9.02025: Der Vierte Grenzenlose Geisteszustand: Gleichmut (MF)

Auf dem Hintergrund eines Textes von Thich Nhat Hanh werden wir (nach Liebe, Mitgefühl und Freude) nun über ‘Gleichmut‘ sprechen.

17.9.02025: Furcht und Furchtlosigkeit (SM)

Wir lesen und besprechen einen Text von Thich Nhat Hanh zum Thema ‘Angst‘.

8.10.02025: Friedrich Schiller: Nicht an die Güter hänge dein Herz (MF)

Wir sprechen über einen Vers von Friedrich Schiller (‘Die Braut von Messine‘). 

15.10.02025: Hermann Hesse: Gestutzte Eiche (MF)

Wir sprechen über das Gedicht ‘Gestutzte Eiche‘ von Hermann Hesse.

12.11.02025: Schatten / Dämmerung / Licht (AW)

Wenig beachtet und oft übersehen werden das zauberhafte Abbild des Schattens und die Verwandlung, die die Dämmerung mit sich bringt. Achtsames Schauen und Wahrnehmen führt uns dahin.

19.11.02025: Umlaufbahnen (TS)

Gedanken aus der Internationalen Raumstation (ISS). Eine Meditation über unsere Erde und die Suche nach Sinn.

10.12.02025: Liebesbrief an die Erde (BK)

Wir lesen und besprechen einen Text von Thich Nhat Hanh aus dem Buch ‘Liebesbriefe an die Erde‘.

17.12.02025: Stille statt Böller (Vorbereitung)

Wir bereiten den gemeinsamen meditativen Übergang ins Jahr 02026 vor.

31.12.02025: (ab 22:00 Uhr) Stille statt Böller

Wir genießen gemeinsam einen meditativen Übergang ins Jahr 02026.


Veranstaltungen in Oldenburg und Umgebung

Meditationskreis „Achtsamkeit in Oldenburg e.V“

Unser Meditationskreis trifft sich jeden Mittwochabend im Umwelthaus Oldenburg (PFL-Kulturzentrum Dachgeschoss, Peterstr. 3; Zugang PFL-Rückseite). Die gemeinsame Meditation (2 x 20 Minuten stilles Sitzen; dazwischen 2 Runden langsames Gehen) beginnt pünktlich um 19.30 Uhr.

Eine digitale Teilnahme ist weiterhin möglich. Bitte rechtzeitig einwählen. Es kann auch an den Gesprächen teilgenommen werden. Zugangsdaten: hier

Für viele Abende sind Gesprächsthemen vorbereitet. Der letzte Mittwoch im Monat enthält in der 2. Sitzphase eine geführte Meditation; anschließend gibt es – bei einer Tasse Tee – einen Austausch über spontan entstehende Themen (Meditation, Umwelt, Politik, Persönliches).

Jeweils am ersten Mittwoch im Monat bieten wir in der Regel nach der Sitz-Meditation eine angeleitete Übung im Liegen (Entspannung, Körperwahrnehmung, Erdberührungen) oder im Stehen an (Acht Brokate und Taiji-Qigong).


Ab 5. Mai 02025 (bis 15.9) jeden Montag 18.00 – 19.00 Uhr:

Qigong im Schlossgarten

Bild: Theo Stenert

Zum 32. Mal seit 01994 finden ab Montag, den 25. Mai 02023 wieder die Qigong-Übe-Stunde im Oldenburger Schlossgarten statt. Auf der Wiese hinter dem Tropenhaus können unter wechselnder Anleitung (Doris Kirstein, Gerd Schnesche, Manfred Folkers) leicht erlernbare Qigong-Bewegungen geübt werden. Einstieg jederzeit möglich (auch ohne Vorkenntnisse). Die Übe-Stunden finden bis zum 15.9.25 bei jedem Wetter statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Spenden sind möglich.


Wake Up Oldenburg

Wir sind überwiegend junge Menschen zwischen 18-35, die gemeinsam Achtsamkeit in der Tradition von Thich Nhat Hanh praktizieren. Wir meditieren, teilen von Herzen, hören zu, singen, schauen oft einen kleinen Dharma-Vortrag und tanzen auch mal. Wir freuen uns über Menschen, die (im Herzen) 18 bis 35 Jahre alt sind und Lust haben auf Achtsamkeitspraxis in Gemeinschaft. Meldet euch bei Interesse per Mail an: oldenburg@wkup.org .

Wir treffen uns bis Juni jeden 3. Sonntag (18.5. & 15.6.), ab Juli jeden 2. Sonntag im Monat (13.7. & 10.8.25) von 15 – 18 Uhr im Umwelthaus Oldenburg.


Sonntag, 2. November 02025:

Geh-Meditation im Everstenholz

Wir treffen uns um 16:30 Uhr an der Kreuzung Meinardusstraße / Unter den Eichen, um gemeinsam langsam und schweigend durch den Wald zu gehen (Dauer: ca. 1 h). Ein kleines Picknick ist angedacht. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Infos: Manfred 0441/8850040.


Fr 24.10. (19 – 21.00 Vortrag) + Sa 25.10.25 (10 – 17.00 Seminar) mit Manfred Folkers im Meditationszentrum ‚Bhavana Vihara‘:

Keine Angst vor der Zukunft

Zufrieden und aufrichtig leben in einer Kultur des Genug

Es ist schwer, sich die Entwicklung der planetaren Krise vorzustellen, solange ökonomisches Wachstum, Hintanstellung ökologischer Bedingungen und individuelle Selbstüberhöhung die menschliche Kultur bestimmen. Die Suche nach und die Anwendung von heilsameren Orientierungen erfordert enorme geistige Anstrengungen und eine komplette Neuausrichtung bisheriger Gewohnheiten. Das Fundament für diese Umstellung ist jedoch in jedem Menschen vorhanden. Es lässt sich mit den Worten ‚hier‘ (Anwesenheit), ‚ganz‘ (Verbundenheit), ‚wach‘ (Bewusstheit) und ‚integer‘ (zufriedene Genügsamkeit) veranschaulichen.

Umrahmt von Entschleunigungs-Übungen (Qigong, Geh-Meditation, Erdberührung) werden wir unsere Zuversicht stärken, in der Gegenwart eine l(i)ebenswerte Zukunft zu entdecken.

Es ist möglich, nur am Vortrag oder am Seminar teilzunehmen.

Das schöne kleine Meditationszentrum ‘Bhavana Vihara‘ liegt zwischen Bruchhausen / Vilsen und Hoya (ca. 1 h Fahrt ab Oldenburg). Preiswerte Übernachtungsmöglichkeiten sind vorhanden. Auf Wunsch werden Fahrgemeinschaften ab Oldenburg organisiert.

Infos: Manfred (0441/8850040) oder Land&Kunst e.V. (04253-92011)


Sonnabend, 13. September 02025, 11.00 – 17.00 Uhr; Schlossplatz Oldenburg:

Markt der Zukunft

Als Mitglied von ‘Umwelthaus Oldenburg e.V.‘ beteiligen wir uns auch in diesem Jahr am ‘Markt der Zukunft‘. Gemeinsam mit über 50 anderen Projekten und Initiativen wollen wir unsere Beiträge für das Streben nach einer nachhaltig zukunftsfähigen Kultur präsentieren.

Infos: https://klimaprojekte-oldenburg.de/projekte/entry/296/


Mittwoch, 31. Dezember 02025; 22:30 Uhr:

Stille statt Böller – Meditation zum Jahreswechsel

Wir treffen uns ab 22:00 im Umwelthaus, um von 22:30 bis 23:45 bei einem schmackhaften Tee einen Wechsel von Austausch (Gedichte, Texte) und Übungen (Qigong, Musik) zu genießen. Die Zeit von 23.50 bis 00:10 werden wir schweigend sitzend verbringen, um uns anschließend ein angenehmes und von Achtsamkeit geprägtes Jahr 02026 zu wünschen.


Hermann Hesse: Gestutzte Eiche

Wie haben sie dich, Baum, verschnitten,
Wie stehst du fremd und sonderbar!
Wie hast du hundertmal gelitten,
Bis nichts in dir als Trotz und Wille war!

Ich bin wie du, mit dem verschnittnen,
Gequälten Leben brach ich nicht
Und tauche täglich aus durchlittnen
Roheiten neu die Stirn ins Licht.

Was in mir weich und zart gewesen,
Hat mir die Welt zu Tod gehöhnt,
Doch unzerstörbar ist mein Wesen,
Ich bin zufrieden, bin versöhnt,

Geduldig neue Blätter treib ich
Aus Ästen hundertmal zerspellt,
Und allem Weh zu Trotze bleib ich
Verliebt in die verrückte Welt.

Über dieses Gedicht von Hermann Hesse werden wir uns am Mittwoch, den 8.10.02025 austauschen.

Image by GladisAbril from Pixabay

Nicht an die Güter hänge dein Herz

Die das Leben vergänglich zieren

Wer besitzt, der lerne verlieren

Wer im Glück ist, der lerne den Schmerz

Diesen Vers von Friedrich Schiller (Die Braut von Messine) werden wir am Mi 15.10.02025 besprechen.


Verbundenheit ist aller Freude Anfang

Buddhistische Anregungen für eine enkeltaugliche Kultur des Genug

Vor fast 20 Jahren hat der Philosoph Peter Sloterdijk die Lage der Menschheit drastisch auf den Punkt gebracht: „Wir rasen mit Höchstgeschwindigkeit frontal auf eine Betonmauer zu, doch weil der Moment des Aufpralls eine Weile entfernt ist, bleibt man auf dem Gaspedal“1. Thomas Metzinger – ebenfalls Philosoph – fragte sich kürzlich, ob „wir vielleicht doch noch rechtzeitig eine neue Art zu leben entwickeln, die es uns ermöglicht, das giergetriebene Wachstumsmodell zu verlassen“, bevor er hinzufügte: „Was uns fehlt, ist ein neues Leitbild, ein kultureller Kontext für die sich beschleunigende planetare Krise“2.

Eine derartige Vision kann mit Hilfe fernöstlicher Weltbilder erarbeitet werden. Vier Aspekte der buddhistischen Lehre bieten sich als Grundlagen einer enkeltauglichen Lebensweise an: 1. Hier sein. 2. Ganz sein. 3. Wach sein. 4. Zufrieden sein.

Hier sein

Den Zeitpunkt und den Ort aller menschlichen Aktivitäten hat der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh identifiziert: „Unsere Verabredung mit dem Leben findet immer im gegenwärtigen Augenblick statt. Und der Treffpunkt unserer Verabredung ist immer genau da, wo wir uns gerade befinden“3.

Es ist ein wunderbares Erlebnis, als menschliches Wesen hier auf dieser Erde zu Hause zu sein; vor allem, weil wir diese Anwesenheit bewusst genießen können. Diese Präsenz wertzuschätzen sollte zum Selbstverständnis jedes Menschen gehören. Dennoch gibt es einige Gründe, mit der eigenen Existenz zu hadern: Zu kurz, zu viele Krankheiten, dann auch noch altern und schließlich sterben. Große Teile der buddhistischen Praxis widmen sich der Aufgabe, diese leidhaften Umstände des Lebens geistig zu bewältigen.

Präsent sein – dieser Fokus kann erfreuen, ist jedoch derzeit auf besondere Weise getrübt. Wir scheuen einen offenen Blick in die Zukunft, obwohl – oder gerade weil – wir präzise berechnen können, wie sehr wir sie malträtieren. Vor allem im Umgang mit der Umwelt folgen wir extrem schädlich wirkenden Vorgaben. Wir sind kollektiv fehlgeleitet. Wir verwenden unsere Kraft, um auf einem Weg voranzueilen, der uns in die Irre führt.

Es ist immer alles jetzt. Auch die Zukunft ‚existiert‘ ausschließlich im gegenwärtigen Moment – als Annahme in unserem Geist. Nur Menschen können sich die Zukunft vorstellen und sich um sie kümmern, was sie derzeit auf ruinöse Weise tun. Dabei möchten sie sich eigentlich bemühen, ihren Nachkommen eine l(i)ebenswerte Welt zu hinterlassen.

Diesen Widerspruch sollten wir uns ständig vor Augen führen. Nur mit Ehrlichkeit lässt sich das ökonomische und kulturelle Dilemma, in dem die Menschheit steckt, sinnvoll erforschen. Erst eine unvoreingenommene Suche entdeckt Wege, die aus der Sackgasse führen. Durch das Erkennen, Akzeptieren und Vermeiden bisheriger Fehler können wir unser Leben in eine heilsame Richtung entwickeln. Das hat hier und jetzt zu geschehen.

Ganz sein

Um diese Absicht umzusetzen, bieten sich Einsichten an, die vor 2.500 Jahren revolutionär wirkten und sich heutzutage vor allem für humanistisch, atheistisch und agnostisch eingestellte Menschen eignen. Einige asiatische Weisheitslehren kommen nämlich ohne Vorstellungen von einem überweltlichen ‚Wesen‘ und ohne eine unvergängliche ‚Seele‘ aus. So hat der Buddha vergeblich nach einer (von ihm ‚Atman‘ genannten) ‚Seele‘ gesucht. Deshalb ging er davon aus, dass sie lediglich als Konzept im menschlichen Geist existiert.

Die Erkenntnis ‚Alles ist ohne eigenständiges Selbst‘ lässt sich einerseits als Befreiung von Einbildungen, andererseits als universelles Merkmal erleben. Was nicht eigenständig bestehen kann, befindet sich ständig in wechselseitiger Verbindung mit allem anderen. Alle Dinge und Wesen nehmen ununterbrochen an der Fülle des Seins teil.

Auf diesem Hintergrund erweist sich Verbundenheit als stabiles Fundament für Solidarität, Kooperation und Verantwortung. Leider wird unser Alltag von einem Hyper-Individualismus bestimmt, der aus Selbstüberhöhung, Vereinzelung und Wunschdenken entsteht. Das Wissen um unsere prinzipielle Integration ins Raumzeitgeschehen kann uns jedoch von Gefühlen wie Isolation und Einsamkeit befreien und die Freude fördern, auf dieser Erde willkommen zu sein. Ganzheit und gegenseitiges Durchdrungen-Sein verknüpfen uns mit den Naturgesetzen – räumlich bis zur Quantenphysik und zur Thermodynamik; zeitlich bis zum Urknall.

Die Kenntnis von der grundsätzlichen Zusammengehörigkeit können wir als notwendig und wohltuend aufnehmen. Sie kann unser Handeln neu ausrichten. Verbundenheit ist dann aller Freude Anfang. Statt Neigungen wie Selbstbezogenheit, Abgrenzung und Oberflächlichkeit nachzugeben können wir uns aufrichtig für den Auf- und Ausbau einer Gesellschaft einsetzen, die gemeinsames Wohlergehen für alle anstrebt und dabei spätere Generationen einbezieht.

Für diese Umpolung hat jeder Mensch alle bisherigen Gewohnheiten zu hinterfragen und eine neue Spontanität mit Inhalt zu füllen. Erlernte Reaktions-Muster sind zu durchbrechen, um bislang von Eigensinn und Ablenkung ausgehende Impulse wie Habenwollen, Missgunst und Verdrängung in Richtung Mitgefühl, Offenheit, Hilfsbereitschaft und Geschwisterlichkeit zu lenken. Diese Praxis erfordert zwar viel Konzentration und Ausdauer, doch ein Erfolg kann als Kür-Programm eines gelungenen Lebens erfahren und kultiviert werden.

Wach sein

Diese Kür lässt sich durch die einzigartige Fähigkeit des Menschseins verstärken, sich als Person bewusst zu sein – und dies auch zu wissen. Diese bewusste Bewusstheit geschieht in einem Wechselspiel, das sich mit den Perspektiven „Der Mensch nimmt das Leben in sich wahr“ und „Im Menschen nimmt sich das Leben wahr“ veranschaulichen lässt.

Die Anwendung der menschlichen Begabung zur Selbst-Bewusstheit beflügelt eine Kompetenz, die ‚wach‘ genannt werden kann. Deren Ziel sollte es sein, Verbundenheit ernst zu nehmen, als liebenswert zu erachten und dauerhaft auszuleben.

Indem ‚wach sein‘ als hervorragende oder gar beste Eigenschaft des Menschen angesehen wird, kann sie bei der Überwindung der planetaren Krise und der Suche nach Alternativen für destruktive Orientierungen eine zentrale Rolle spielen. Für Thomas Metzinger ist die Entwicklung einer „Bewusstseinskultur“ sogar „das Kernstück einer neuen Lebensform“.4

Wer die fatale Lage der Menschheit erforscht, hat bis zu deren Ursachen vorzudringen. Aus buddhistischer Sicht geraten drei menschliche Beweggründe in den Fokus: Gier, Hass und Verblendung. Als Anhaftung, Abneigung und Folgenleugnung sind sie zu Antriebskräften eines ökonomischen Systems mutiert, das sich durch Wachstumsdogmen, Konkurrenzkampf und Ignoranz gegenüber dem Zustand der Mitwelt auszeichnet. Dieser verinnerlichte eigensinnige Wettlauf im Hamsterrad kann ‚Gier-Wirtschaft‘ genannt werden.

Diese Analyse führt zu zwei Ergebnissen. Einerseits waren es Menschen, die diese brisante Situation herbeigeführt haben, weswegen sie auch die Akteure der Lösung sind. Sie haben ein Gesellschafts-Modell entwickelt, das ihre kleinen persönlichen Sehnsüchte (Besitzstreben, Gegeneinander, Selbsttäuschung) mittlerweile als allgemeines Regelwerk global durchsetzt. Andererseits hat sich dieses Konzept als Turbo-Kapitalismus verselbständigt, der seine Funktionsprinzipien (Mehrung, Expansion, Ausbeutung der Zukunft) inzwischen rückkoppelnd einsetzt und alle Beteiligten dazu zwingt, auf dem eingeschlagenen Irrweg zu bleiben. Die Menschheit ist gewissermaßen in eine selbstgebaute Falle geraten.

Zufrieden sein

Die Gier-Wirtschaft ist ein System, das vom Gewinn- und Leistungs-Denken abhängig ist und die schädlichen Folgen leugnet. Die tatsächlichen Triebfedern dieses Regimes sind Angst (vor Verzicht, Verlust und Niederlagen) und Mangel (an Macht, Kontrolle und materiellen Mitteln), die permanent Entzugserscheinungen und ein Gefühl von Unzufriedenheit erzeugen. Im Grunde ist der Kapitalismus das fatale Ergebnis eines allgemeinen Drogendelikts.

Um dieser Sackgasse zu entkommen, reicht ein simples ‚nein‘ gegen die herrschenden Motive und Zustände nicht aus. Dieses ‚nein‘ ist zwar ein Ausdruck von Kritik und Ablehnung, enthält an sich aber noch keine gute oder rettende Botschaft. Erst eine Auflösung dieser Anti-Haltung durch ein erneutes ‚nein‘ (‚Negation der Negation‘) zeigt Auswege auf. Es gilt, die Fixierung auf das Untergangssystem zu überwinden und die Perspektive zu wechseln.

Eigentlich sollte diese Wende leicht fallen, denn die Menschheit konnte schon mal anders5 – und wir Menschen können auch anders6. Einige buddhistische Anregungen sind geeignet, den Umschwung rechtzeitig zu vollziehen. Sie verknüpfen die Merkmale ‚hier‘, ‚ganz‘ und ‚wach‘ zu einem Ergebnis, das als ‚Samtusta‘ bezeichnet und mit ‚Du hast bereits genug‘ und ‚vollkommen befriedigt‘7 erläutert wird. Wer aus einer grundsätzlichen Zufriedenheit heraus handelt, wird einen ‚Mittleren Weg‘ beherzigen. Auf ihm gestaltet sich das Konsumverhalten als besonnene Genügsamkeit, die sich am Gemeinwohl orientiert und den Umgang mit der Natur integer, also aufrichtig, behutsam und auf Augenhöhe als erfülltes Leben realisiert.

Die Mehrungs-Ökonomie wird mit derart zufriedenen Menschen nicht funktionieren, denn dem Steigerungs-System ist die Kategorie ‚genug‘ wesensfremd. Es gilt, ein ‚menschliches Maß‘8 zu beachten. Diese ‚Suffizienz‘ genannte Haltung ermöglicht eine ‚Kultur des Genug‘, die den Turbo-Kapitalismus beenden kann, dem selbst zu viel noch nicht reicht.

Wer ‚materielles Wachstum‘ hintanstellt und sich fragt ‚Was brauche ich wirklich?‘, wird Bedürfnisse wie frische Luft, sauberes Wasser, ausreichend Nahrung, soziale Kontakte, angemessener Wohnraum, gute Gesundheit, geistige Entwicklung etc. nennen. Wer Aspekte wie ökologischer Fußabdruck, universelle Verantwortung, global denken – lokal handeln usw. im Blick behält, wird sich für langlebige Produkte, Reparieren, Teilen, Nachbarschaftshilfe, Gemeinwohl, Naturschutz, fleischlose Ernährung, freiwilliges Engagement,  Selbstversorgung, umweltschonende Mobilität, Postwachstums-Ökonomie, Entschleunigung, intellektuelle Redlichkeit, kluges Vorausschauen etc. einsetzen und sich gern und kraftvoll an der Verwirklichung eines nachhaltig zukunftsfähigen Zusammenlebens beteiligen.

Wir können auch Kür

Die gegenwärtige planetare Krise enthält Widersprüche, die alle Menschen durchdringen. Um sie zu bewältigen, werden attraktive Leitbilder benötigt. Dafür bieten sich buddhistische Überlegungen als überzeugende Orientierungen an. Wer sich hier auf dieser Erde ganz und zu Hause erlebt und sich wach um das wissende Gefühl bemüht, von Grund auf zufrieden zu sein, kennt eine ständig erreichbare Basis, von der aus es leicht fällt, die sich nähernde große Transformation mitzugestalten.

Indem wir unsere Verbundenheit mit dem Universum wahr nehmen, ist auch unser Geist auf unserem Heimatplaneten angekommen. Indem wir diese Form der Anwesenheit mit Freude akzeptieren, können wir ein enkeltaugliches Füreinander ausleben. Indem wir den Auf- und Ausbau einer Kultur des Genug anstreben, können wir nicht nur Integrität und Zufriedenheit erfahren, sondern unser – einziges – Leben als eine Art ‚Kür‘ gestalten. Indem wir dabei Toleranz und Gleichmut praktizieren, erkennen wir unsere Unvollkommenheit und lernen, unsere Widersprüche anzunehmen und zu bearbeiten, so dass wir jeden Abend ohne Scheu in den Spiegel schauen und uns auf den nächsten Tag vorbereiten können.

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1. Peter Sloterdijk: Wie werden wir die nächsten hundert Jahre überleben? (Die Zeit, 17.8.2006)

2. Thomas Metzinger: Bewusstseinskultur – Spiritualität, intellektuelle Redlichkeit und die planetare Krise. Berlin 2023; Seite 7.

3. vgl. Thich Nhat Hanh: Ich pflanze ein Lächeln; München 1991, Seite 23

4. Metzinger: a.a.O., Seite 170

5. Annette Kehnel: Wir konnten auch anders – Eine kurze Geschichte der Nachhaltigkeit; München 2021

6. Maja Göpel: Wir können auch anders – Aufbruch in die Welt von morgen. Berlin 2022

7. ‚Samtusta‘ wird im Aryavamsa-Sutra im Sinne von ‚zufrieden, befriedigt, versöhnt sein‘ verwendet

8. Ernst Friedrich Schumacher: Small is beautiful – Die Rückkehr zum menschlichen Maß (1973; dt. Reinbek 1977)

Dieser Text von Manfred Folkers wurde in leicht veränderter Form in der ‘Buddhismus aktuell‘ (2/25) unter dem Titel ‘Enkeltauglich! Mit der Lehre des Buddha‘ veröffentlicht.