Weitere Texte
Der Verein
Der regelmäßige Meditations- und Gesprächskreis des Vereins „Achtsamkeit in Oldenburg“ trifft sich seit 01993 jeden Mittwoch ab 19.30 Uhr – zunächst im PFL-Kulturzentrum und seit 01997 im „Umwelthaus Oldenburg“ im Dachgeschoss des städtischen Kulturzentrums PFL in der Peterstraße 3.
In der Broschüre „20 Jahre Umwelthaus Oldenburg 1994 – 2014“ stellte sich der Verein „Achtsamkeit in Oldenburg“ in kurzer Form vor:
Die Gründung des als gemeinnützig anerkannten Vereins im März 01995 geht auf einen Besuch des Mönchs, Schriftstellers und Dharma-Lehrers Thich Nhat Hanh in Oldenburg im Mai 01993 zurück.
„Der Verein ‘Achtsamkeit in Oldenburg‘ versteht sich als ein Forum für Menschen, die sich um ein nach innen wie nach außen friedvolles Leben bemühen und Achtsamkeit üben wollen. Achtsamkeit nach innen bedeutet die Entwicklung eines bewussten geistigen und spirituellen Wachstums; äußere Achtsamkeit umfasst Mitgefühl, heilende Hinwendung, liebevolles Verhalten und Achtung gegenüber allen Lebensformen“ (Auszug aus der Satzung).
Der Meditationskreis wirkt wie eine Art „Repair-Meeting“. Durch die Praxis der Meditation (anhalten und genau hinschauen) werden Fehlfunktionen des Geistes wie Unruhe, Zweifel, Verdrängung und Verblendung „repariert“. Die anschließenden Gespräche dienen als Kraftquelle für die Bewältigung des Alltags. Wichtigste Themenbereiche sind Ökologie (Erdberührungen), Ethik (Achtsamkeitsübungen) und Spiritualität (vor allem die Lehre des Buddha).
Außerdem werden Achtsamkeitstage, Tee-Meditationen, Wochenendseminare und meditative Watt-Wanderungen durchgeführt. Von Mai bis September organisiert der Verein jeden Montag von 18:00 – 19:00 Uhr Qigong-Übestunden im Schlossgarten. Alle Veranstaltungen sind offen für alle Interessierte.
Regelmäßige Treffen: Meditations- und Gesprächskreis jeden Mittwoch um 19:30 Uhr im Umwelthaus Oldenburg
20-jähriges Bestehen
Zum 20-jährigen Bestehen entstand folgende Selbstdarstellung:
01995 – 02015: 20 Jahre Achtsamkeit in Oldenburg e.V.
Als der aus Vietnam stammende buddhistische Mönch, Autor, Gelehrte und Menschenrechtsaktivist Thich Nhat Hanh am 21. Mai 01993 im soeben eröffneten PFL-Kulturzentrum in der Reihe „In bedrohlicher Zeit“ einen Vortrag mit dem Thema „Innerer Friede – Äußerer Friede – buddhistische Anregungen für westliche Lebensgestaltung“ hielt, war der Große Saal völlig überfüllt.
Dieses rege Interesse führte nicht nur am 22.3.01995 zur Gründung des Vereins „Achtsamkeit in Oldenburg“, sondern zu insgesamt vier Retreats mit Thich Nhat Hanh im Hof Oberlethe (01993, 01996, 02001 und 02006). Viele Oldenburger/innen besuchten Plum Village, die Lebensgemeinschaft von Thich Nhat Hanh in Südfrankreich.
Die ungefähr 60 Vereinsmitglieder (und viele weitere Interessierte) ermöglichen seitdem ein umfangreiches Programm, das vollständig ehrenamtlich umgesetzt wird. Neben dem Meditationskreis, der sich 52-mal im Jahr am Mittwochabend im Umwelthaus Oldenburg trifft (und sich nach dem „Sitzen“ über ständig wechselnde Themen austauscht) sind es v.a. die von Mai bis September jeden Montag organisierten Übe-Stunden „Qigong im Schlossgarten“, die den gemeinnützigen Verein in Oldenburg bekannt gemacht haben.
Doch es gibt noch weitere regelmäßige Veranstaltungen, z.B. die jährliche meditative Watt-Wanderung zur Insel Minsener Oog, Achtsamkeitstage (manchmal mit einer Radtour zum Engelsmeer), gemeinsame Wochenenden in der Lüneburger Heide oder im Kloster Damme, eine Tee-Meditation in der Adventszeit oder die bei den regelmäßigen Gästen sehr beliebte „Dharma-Gruppe“.
Obwohl der Achtsamkeits-Verein „überkonfessionell“ ist und den „interkulturellen Austausch fördert“, sind buddhistische Themen besonders beliebt. Aber auch über ethische, soziale, ökologische, ökonomische und spirituelle Aspekte des Alltags wird gern gesprochen. Die Themen werden von den Teilnehmenden selbst vorgeschlagen. Sie werden nicht akademisch bearbeitet, sondern mit eigenen Lebenserfahrungen veranschaulicht. Doch im Mittelpunkt des Mittwochabends steht die Meditation: Stille im Hier und Jetzt. Alle Interessierte sind eingeladen, diese Stille mit uns zu genießen.
Eine Null als Glocke der Achtsamkeit
Im „Gelben Info“, mit dem wir dreimal jährlich unser Vereinsprogramm veröffentlichen, setzen wir jeweils eine „Null“ vor jede Jahreszahl (z.B. 01993 oder 02018). Die folgenden drei Texte verdeutlichen, warum wir das tun:
Zweitausendzwölf … schon sind wir wieder mitten drin in einem weiteren Jahr. Thich Nhat Hanh wird im Herbst 86 Jahre alt, der Maya-Kalender macht einen Sprung und in Deutschland erleben wir seit 67 Jahren friedliche Zeiten.
2012 … gerne schauen wir auf diese vielen Jahre zurück. Was ist nicht alles geschehen seit dem Beginn unserer Zeitrechnung! Die Vergangenheit ist unsere Geschichte. Sie enthält alles, was wir geworden sind. Das sollten wir niemals vergessen.
2012 … eine Ziffer, die dazu anregt, zurück zu schauen. Sich zu fragen, wann das Zählen anfing. Aber blicken wir auch genauso gern so weit nach vorn? Wie oft versetzen wir uns 2012 Jahre in die Zukunft?
Es gibt einen kleinen Trick, dies zu tun. Mit einer Null. Wenn wir sie vor die übliche Jahreszahl setzen, werden wir aufmerksamer. Wir stolpern über diese Null. Sie weist uns darauf hin, dass wir erst am Anfang sind. Dass wir erst starten. In die Zukunft. Zum Beispiel ins Jahr 04024.
Die Zukunft liegt in und vor uns. Wir können sie in jedem Augenblick berühren. Mehr noch: Wir sind heute für sie verantwortlich, denn wir gestalten sie mit. Wir stellen die Weichen für die Zukunft – so wie unsere Vorfahren die Weichen für unsere Gegenwart gestellt haben. Die Gegenwart ist die Vergangenheit der Zukunft.
Die Menschheit stellt heutzutage sehr viele Weichen. Nicht wenige davon werden sich schon bald sehr unheilsam auswirken. Dieses Manko wird von immer mehr Menschen erkannt. Einige von ihnen versuchen, ihr Bewusstsein für die Zukunft zu schärfen. So wurde im Jahr 01998 in Erlangen eine „Zivilisations-Uhr“ errichtet, die der Kalligraph Kazuaki Tanahashi entworfen hat. Ihr Zeiger zeigte in der 12-Uhr-Position auf das Jahr 02000. Jede Stunde der Uhr stellt 2000 Jahre dar, so dass ihr Zeiger in 10000 Jahren die 5-Uhr-Position erreicht.
Die 01996 von Danny Hillis (Erfinder der Parallellogik der modernen Supercomputer) gegründete Long-Now-Foundation verfolgt eine ähnliche Idee. Hillis baute als Sinnbild für langfristiges Denken eine rein mechanische Uhr, die mindestens 10.000 Jahre ticken soll. Um für den Deka-Milleniums-Wechsel gerüstet zu sein, der uns in etwa 8.000 Jahren bevorsteht, verwendet die Langes-Jetzt-Stiftung fünfstellige Jahreszahlen mit einer zusätzlichen Null.
Auch in der Sankt-Buchardi-Kirche in Halberstadt ist es möglich, sich mit einer fernen Zeit zu verbinden. Auf der dortigen im Jahr 01361 gebauten ersten Großorgel der Welt wird seit 02000 das Stück „so langsam wie möglich“ des Musikers John Cage gespielt, das sich erst im Jahr 02639 vervollständigt. Der bisher letzte Klangwechsel fand am 5. August 02011 statt; der nächste wird am 5. Juli 02012 sein.
In jedem Brief, im Terminplaner, in meinem Tagebuch – eine kleine Null im Datum erinnert mich an etwas, was Astronomen schon seit Langem wissen: Es liegt wesentlich mehr Zeit vor als hinter uns. Auch wenn ich diese lange Zukunft nicht persönlich erleben werde – sie mir vorstellen und sie achten kann ich jederzeit. Zum Beispiel mit Hilfe einer Null.
Manfred Folkers (für Intersein Nr. 39; Mai 02012)
Kazuaki Tanahashi: Zukunft ermöglichen
Als sich 1997 das neue Jahrtausend näherte, entwarf Kazuaki Tanahashi die Skulptur einer Uhr mit einem Zeiger, der in der 12-Uhr-Position auf das Jahr 2000 zeigt. Jede Stunde der Uhr sollte 2000 Jahre darstellen, so dass 7 Uhr rückblickend zehntausend schon vergangene Jahre bedeutet, und 5 Uhr zehntausend in der Zukunft liegende Jahre. Im Jahr 1998 wurde das vollendete Stück, genannt „Zivilisations-Uhr“, in einem Skulpturen-Park in Erlangen/Deutschland aufgestellt.
„Es hat ungefähr zehntausend Jahre gebraucht, um unsere Zivilisation von einer Ackerbau betreibenden Herdengesellschaft zu einer global industriellen Gesellschaft zu entwickeln“, schrieb Kazuaki in einem Projektantrag für eine 1999 in Den Haag, Niederlanden, stattfindende Konferenz und dem Motto: „Welt-Frieden, Innerer-Frieden“. „Wir sind immer davon ausgegangen, dass die Menschheit für die nächsten zehntausend Jahre in der Zukunft weiterbestehen werde …. Wir rasen gerade mit alarmierender Geschwindigkeit auf die Unmöglichkeit zu, weitere zehntausend Jahre zu überleben, aufgrund von sich beschleunigenden Umweltkatastrophen und der Verbreitung höchst zerstörerischer Waffen ….“
„Um uns eine weitere zehntausendjährige Zukunft zu ermöglichen, sollten wir unser Hauptaugenmerk weg von kurzsichtigen unternehmerischen Gedanken und nationalen Interessen lenken, hin zu langfristigen Zielen des globalen Überlebens; weg von einer nur auf den Menschen konzentrierten Gesellschaft hin zu einer Gesellschaft, die sich als vertrauenswürdige Partnerin der Umwelt versteht. Wir müssen gerade in der gegenwärtigen Zeit einen Wendepunkt für diesen Wechsel schaffen“.
(Sherry Chayat: CIRCLES – Zen-Kalligraphie von Kazuaki Tanahashi; Enso-Verlag 2011; Seite 20/21)
„Langes Jetzt“: In der Tiefe der Zeit
Die Long Now Foundation, 01996 gegründet, will dafür sorgen, dass langfristiges Denken nicht mehr schwierig und selten, sondern einfach und weitverbreitet ist (die Stiftung verwendet fünfstellige Jahreszahlen mit einer zusätzlichen Null, um für den Deka-Millennium-Bug gerüstet zu sein, der uns in etwa 8.000 Jahren bevorsteht). Alles begann mit einer Idee von Danny Hillis, der die Parallellogik der modernen Supercomputer erfand. Hillis wollte als Sinnbild des langfristigen Denkens eine rein mechanische 10.000-Jahre-Uhr bauen.
Inspiriert hatte ihn dazu eine Geschichte, die ihm Stewart Brand, Redakteur des Whole Earth Catalogue, erzählt hatte: „Mir gehen die Eichenbalken an der Decke der College Hall im New College in Oxford nicht aus dem Sinn.
Als sie im letzten Jahrhundert erneuert werden mussten, verwendeten die Zimmerleute Eichenbäume, die 1386 gepflanzt worden waren, dem Jahr, als der Speisesaal gebaut wurde. Die Bauherren im 14. Jahrhundert hatten die Bäume gepflanzt, weil sie wussten, dass die Balken in ein paar Hundert Jahren ersetzt werden müssen“.
Im Laufe der letzten 14 Jahre wurden mehrere Prototypen der Uhr gebaut und derzeit wird die denkmalgroße Version fertiggestellt. Sie befindet sich an einem der Standorte der Stiftung in der Wüste Nevadas und zieht sich mehrere Hundert Meter durch Höhlen. Hillis hofft, dass eine Uhr, „die einmal im Jahr tickt, einmal im Jahrhundert schlägt und bei der der Kuckuck einmal im Jahrtausend rauskommt“, den Menschen hilft, einen anderen Bezug zur Zukunft zu bekommen. Seit Hillis die Balkengeschichte gehört hat, hat seine Stiftung mehrere Projekte ins Leben gerufen, die langfristiges Denken fördern sollen.
Long Bets ist ein Online-Wettbüro, in dem jeder Wetten zu Vorhersagen sozialer und wissenschaftlicher Folgen abschließen kann. Alle Erlöse sowie die Hälfte der Zinsen gehen an die wohltätige Organisation, die der jeweilige Gewinner beschenken möchte. Der Rest der Zinsen fließt zu Long Bets, damit das Wettbüro erhalten bleiben kann. Seit der Gründung im Jahr 02002 wurden Wetten zu den verschiedensten Themen abgeschlossen; von der Frage, wann das Bevölkerungswachstum seinen Zenit erreichen wird, bis zur Frage, wann Solarstrom billiger als Strom aus fossilen Brennstoffen sein wird. ( … )
Alle diese Projekte sowie eine monatliche Seminarserie über langfristiges Denken, die von Stewart Brand angeboten wird, sind Versuche, unseren Denkmodus zu ändern. Wenn die Gesellschaft nur Probleme anpackt, die innerhalb von ein oder zwei Legislaturperioden – also vier oder acht Jahre – zu lösen sind, wird keines der wirklich wichtigen Probleme gelöst werden können. Lösungen der Probleme in den Bereichen Bildung, Hunger, Gesundheit, Makrofinanzen, Bevölkerung und Umwelt erfordern Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte an Einsatz und Verantwortung. Wenn man mit dem passenden Zeitrahmen an diese Probleme herangeht, dann wird das, was unmöglich schien, auf einmal machbar.
Menschen sind zäh. Wahrscheinlich wird es auch in zehntausend Jahren Menschen auf dieser Erde geben, genau wie es sie schon vor zehntausend Jahren gegeben hat. Aber auf welcher Art von Erde diese Menschen leben werden und welche Art von Leben diese Menschen führen werden, das hängt ganz von den Eicheln ab, die wir heute säen und die zu den Eicheln unserer Zukunft wachsen.
Alexander Rose (Long Now Foundation)